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Zackes Textedition 24:
Ich habe ungefähr ein Jahr lang nichts geschrieben. Damit sich niemand
unnötig Sorgen macht, gibt es nun neue Texte. Die Geschichte für's Fest wurde leider
nicht rechtzeitig fertig.
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24.11.2006
Cowboymusik:
Solche Musik mag ich nicht. Sie klingt sehr hinterwäldlerisch. Wenn diese
Wälder auf einem anderen Kontinent liegen, ist das noch schlimmer. Eine Kollegin mit
angeblichen Verwandten in jenem Land, in dem alles übertrieben groß sein muß,
schenkte mir einen Cowboyhut. Vermutlich, um mich zu ärgern. Ich mußte ihn gleich
aufsetzen. Er paßte und alle lachten.
Zu Hause wollte ich wissen, weshalb die anderen gelacht haben. Ich stellte mich mit dem Hut vor den
Spiegel im Flur. Das sah wirklich sehr komisch aus. Ich hatte noch nie so einen riesigen Hut
getragen. Zufällig lief im Radio "Hey Joe" in einer schnellen Country-Version. Das klang arg
schräg. Ich mußte fürchterlich lachen. Ich behielt den Hut auf. Nun wollte ich noch
mehr solche Musik hören. Vergeblich suchte ich alle Sender ab. Nirgendwo gab es
Country-Musik.
Im Internet fand ich schließlich mehrere Streams. Hören konnte ich die allerdings erst
nach Tagen, da ich meine Soundkarte zum Laufen bringen mußte. Gedüdel aus dem Internet
hatte mich bis dahin nicht interessiert. Während ich mich mit der Soundkarte rumärgerte,
trug ich den Hut. Inzwischen ist es so, daß ich ihn auf die Garderobe lege, wenn ich raus gehe
und aufsetze, wenn ich zurück komme.
Ich höre nur noch Country. Das hat mich mehr verändert, als ich mir das früher
hätte vorstellen können. Nicht nur, daß sich vom Hut ein Glatzeansatz bemerkbar
macht. Ich würde gerne eine Pferdezüchterin heiraten. Bis jetzt hat sich aber nur eine
Tierärztin gemeldet. Sie hält mich für einen Spinner, weil ich ein Pferd haben
möchte, dem ich meine neusten selbst geschriebenen Country-Lieder vorspielen könnte.
Ich habe mich von dem Guitarre-Kurs an der Volkshochschule wieder abgemeldet.
Im Alltag lasse ich mir nichts anmerken. Ich bin ein Mensch wie jeder andere. Ich rauche zum
Beispiel nicht. Höchstens zu Hause. Wenn ich zufällig eine Tabak-Werbung mit Cowboys
und weiten Prärien sehe, muß ich mir eine Packung von den Stinkedingern kaufen. Die
schmecken mir nur, wenn ich sie mit einem brennenden Holzscheit anzünde. So sah ich es in
einem Clip. In den heutigen Wohnungen muß man mit offenem Feuer vorsichtig sein. Das macht
mich nervös.
Nicht nur deshalb schlafe ich schlecht. Oft stehe ich mitten in der Nacht auf und höre die
neusten Hits aus Tennessee. Tagsüber, wenn ich ganz in Deutschland sein muß, nervt mich
ein Tinnitus. Ich höre rhythmische Geräusche, egal wo ich bin und wie laut es dort ist.
Es könnte das Klappern und Schaben auf einem Waschbrett sein. Ich bin mir nicht ganz sicher.
Neulich habe ich eines beim Trödler gekauft. Vielleicht klingen amerikanische Waschbretter
anders. Bestimmt ist das Blech dicker. Wenigstens ist es leichter als eine Guitarre zu erlernen und
ich kann dazu auch singen.
Ich war mal bei der Suchtberatung. Das brachte nichts. Theoretisch würde ich gerne
aufhören Country-Music zu hören. Leider gibt es immer wieder solche Stücke wie das
Prince-Cover "When Doves Cry" von den "The Be Good Tanyas". Die machen meine Vorsätze
zunichte, ein streßfreieres Leben zu führen. Ich tröste mich damit, daß man von
jeder Musik viel Mist hören muß, um die paar wenigen, wirklich guten Stücke
mitzubekommen. Das ist mit Mozart oder Hip Hop auch so. 
Passende Links:
WDVX - Eeast Tennessee's Own,
das beste Country-Radio im Web.
ALL SOUTHERN ROCK, etwas
härter. 
Oder etwas ländliches von nicht
so weit weg?

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02.01.2007
Eine Weihnachtsgeschichte:
Ich hatte nach längerer Zeit wieder mal eine Begegnung mit
Außerirdischen. Mir war diese insgeheim etwas peinlich, denn wir hatten seit dem letzten Mal
kaum moralische oder soziale Fortschritte gemacht. Mir wäre es lieber gewesen, jemand anderes
hätte mit Ihnen gesprochen. Viele wünschen sich nichts sehnlicher und doch werden sie nie
dergleichen erleben dürfen.
Es war am heiligen Abend, der auch in unserer Gemeinschaft eine große Bedeutung besitzt, wenn
auch eine völlig andere. Ich hatte keine Lust mit den anderen Brüdern zu feiern.
Stattdessen ging ich spazieren. Es war eine klare Winternacht. Die Sterne am Himmel gefielen mir
besser als die am Weihnachtsbaum im großen Saal. Ich ließ das Kloster hinter mir und
stapfte durch den Schnee.
Plötzlich sah ich mehrere leuchtende Ringe wie ein Fischschwarm über den Himmel hin und
her huschen. Als ich dachte, sie wären längst vorbei geflogen, umkreisten mich drei.
Schließlich blieben sie stehen. Sie hatten ungefähr die Größe von
Heiligenscheinen und schwebten in entsprechender Höhe. Das letzte Mal waren sie in einer
Leuchtkugel gekommen, der ich mich nicht nähern durfte. Sicher hatten Sie inzwischen ihre
Technik weiterentwickelt, aber diese Ringe sahen aus der Nähe gar nicht wie Ufos aus. Ich
wußte nicht, ob ich etwas sagen sollte und wartete.
Die Ringe warteten ebenfalls.
Irgendwann flackerte einer der Ringe und eine menschenähnliche Gestalt schien aus ihm
herauszufallen, blieb aber auf den Beinen stehen. Bald taten es die anderen beiden dem ersten Ring
gleich und nun standen drei Heilige vor mir. Ich fragte, ob sie Hunger hätten. Bei uns
würde gerade eine Fête gefeiert. Es gibt viel zu futtern und noch mehr Sauferei.
"Danke, das brauchen wir nicht und mit unseren neuen Flugapparaten ist das ein wenig unpraktisch.
Vielleicht würden wir mißverstanden. Wir sind gekommen, um uns diesen Planeten wieder mal
anzusehen. Gibt es Neuigkeiten?"
"Sicher. Die Eifrigsten könnten Euch viel erzählen. Für uns sind es große
Dinge. Unser toller technischer Fortschritt, Computer überall, Brillen die
regelmäßig Börsenkurse einblenden. Euch dürfte das aber eher langweilen."
"Wir interessieren uns für alles, was mit Euch zu tun hat. Wir machen uns ein wenig Sorgen,
daß Ihr Euch zu sehr mit materiellen Dingen beschäftigt und darüber das Spirituelle
vergeßt. Wir waren auch mal so ähnlich wie Ihr. Wir bestanden zwar nie aus Fleisch und
Blut, aber aus relativ konsistenten Strukturen."
"Woraus denn?"
"Wir haben es in der materiellen Welt nie über Bakterien gebracht. Wir staunen, wie weit ihr
gekommen seid, obwohl wir Euren Weg für eine Fehlentwicklung halten. Alles wird viel
einfacher, wenn man sich von der Materie fortentwickelt. Je mehr man Gestalt annimmt, desto mehr
ist man auf sie beschränkt. Um diese Beschränkungen zu überwinden, muß man sich
immer mehr Materie dienlich machen und wird zugleich noch abhängiger von ihr. Was Ihr mit
Eurer chemischen Industrie zustande bringt, konnte bei uns jedes Kind am ersten Tag."
"Ihr habt es tatsächlich schneller geschafft, Euch von einem Planeten zum anderen zu bewegen.
Wir üben noch. Aber könnt Ihr mir sagen, ob es da draußen irgendwo einen Gott gibt?
Ihr kommt doch viel rum. In unserem Orden gibt es deshalb immer wieder Keilereien."
"In Eurer Sprache gesagt gehört es zum Wesen von dem was Ihr 'Gott' nennt, daß man 'ihn'
weder beweisen, noch widerlegen kann. 'Er' existiert und existiert nicht, ohne daß hierin ein
faktischer Widerspruch bestünde. Leider kann man das mit Euren nur an die Materie
angepaßten Worten nicht anders sagen. Ihr seid immerhin so weit, etwas zu benennen, verstehen
werdet ihr es trotzdem nie. Selbst wenn dem so wäre, könntet ihr dies weder denken, noch
anderen zu Gehör kommen lassen."
"Geht das wirklich nicht?"
"Vergiß es! Lebe und helfe anderen dabei! - Wir müssen weiter! Tschüssi bis zum
nächsten Mal!"
Für diesen Rat konnte ich mich leider nicht bedanken. Die Gestalten verschwanden lautlos in
ihren Ringen, als ob sie von diesen aufgesogen worden wären. Ich konnte nichtmal sehen, wo sie
hinflogen. Sie waren schnell weg. Eilig kehrte ich in's Kloster zurück, riß dort jede
Tür auf, um die neue Weihnachtsbotschaft in den Raum zu brüllen. Nur die Klotür ging
nicht auf.
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Dez. 2006
Kurzes:
Morgens wache ich von Geschichten auf, die ich nicht schreibe.
Das Selbstbewußtsein kreativer Menschen entsteht aus der Identifikation mit
dem, was sie schaffen. Einfallslose Menschen brauchen Moden, die sich auf unbedeutende,
austauschbare Äußerlichkeiten stützen.
Marketing dient dazu, die Produktion zu vereinfachen. Die Produkte müssen
nicht oder nur mittelmäßig den Bedürfnisse der Menschen angepaßt werden.
Weil neuerdings bei den Mädels die Hüften so tief sitzen, frage ich mich,
wann arschfrei zum neusten Modetrend erklärt wird.
In einer Bananenrepublik dürfen die Bananen solange sie noch grün sind
darüber entscheiden, zu welcher Farbe sie reifen wollen. Das Ergebnis kennen wir.
07.12.2006
Welche Aufregung!
In sogenannten Killerspielen passiert virtuell, was die Armeen dieser Welt wirklich tun. Ob man mit
dem Verbot dieser Software die Entwicklung von der Steinzeit bis heute rückgängig machen
könnte?
28.03.2006
Der Ballast der BRD/Nachdichtung:
Der Ost-Ballast muß muß weg
Dreimal ausgezählt, muß er er
Schnell in den Spreeabort damit!
Sie schmeißen Bronzedampfglas
In die Spree - wie Eissternschollen
Schau, wie Dampferglas schwimmt.
Sie schmeißen jeden Betonkrümel
In die Spree - wie für Nessy Loch
Kiek doch, Beton schwimmt ooch.
Sie schmeißen das Stahlskeleton
In die Spree - wie Saurier-Gräten
Glaub mir, schwimmt wie'n Fisch.
Frei nach Arne-Wigand
Baganz
Winter 06
Mit dem seltenen Schnee
sah die Welt friedlich aus.
Durch Wälder und Flure
streunten schwarze Hunde.
Sie fielen jeden an.
Man brauchte einen Stock.
16.12.2006
Liebesschwüre
Wäre ich ein Frosch,
würde ich den ganzen Tag
"Ich liebe Dich!" quaken.
Wäre ich ein Arschloch,
würde ich es scheißen.
Die Wiederholung des Hitler-Experimentes:
Ein Schauspieler mußte den Hitler machen. Wen wundert, daß der es konnte.
Danach gelang es einem Komiker fast besser. Vielleicht liegt das an Hitler.
Die sollten mal einen ganz normalen, deutschen Politiker ausprobieren.
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16.01.2007
SGB XII § 28:
Der Bundestag möge folgende Ergänzungen beschließen:
(6) Langzeitarbeitslose, d.h. Empfänger von ALG II nach SGB II § 19,
haben zur Kostenoptimierung beizutragen. Vermeidbarer Bedarf innerhalb der Regelsätze ist zu
unterlassen. Über angefallene Ausgaben muß nachvollziehbar Buch geführt werden. Der
eingesparte Betrag geht in die Auszahlung des Folgemonats ein. Der Kontostand darf den Regelsatz
nach SGB II § 20 (2) nicht übersteigen.
(7) Die Nahrungsaufnahme ist an den tatsächlichen Kalorienbedarf anzupassen. Es ist auf
ausgewogene Ernährung zu achten, damit sich nicht aufgrund des Fehlens einzelner
Nährstoffe ein mißverständliches Hungergefühl einstellt.
(8) Die tägliche Schlafperiode muß mit Hinweis auf § 29 (3) mindestens 12
Stunden betragen. Das spart nicht nur Heizkosten, sondern auch Strom und Wasser, sowie Ausgaben
für Lebensmittel und Getränke nach Absatz (7).
(9) Das Schlafverhalten wird von Mitarbeitern des JobCenters ohne Vorankündigung
stichprobenartig kontrolliert. Dafür ist ein Satz Schlüssel zu hinterlegen, der den
Zugang bis zum Schlafraum, bzw. des dafür genutzten Raumes, ermöglicht.
Verstöße gegen Absatz (8) werden in Analogie zu SGB II § 31 wie die
verweigerte Aufnahme einer vorgeschlagenen Arbeitsmöglichkeit sanktioniert.
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19.01.2007
Trennungsdrama:
Du hast mir sofort gefallen. Vielleicht sollte ich es anders sagen. - Es war so,
als ob wir uns schon länger kennen würden. Du erschienst mir nicht fremd, obwohl wir uns
fremd waren. Du gefällst mir natürlich sehr, am meisten freut mich aber, daß Du
nicht nur gut aussiehst, sondern was im Kopf hast. Du bist ideal!
Inzwischen kennen wir uns eine ganze Weile und ich sah bisher keinen Grund, Dir dies zu sagen. Es
ist äußerst angenehm, ab und zu mit Dir zu reden. Auf Dauer würde ich es jedoch
nicht gut finden, wenn Du denken müßtest, Du würdest mir nichts bedeuten. Du wirst
mir eher immer wichtiger.
Jemand anderes würde Dir nun von der großen Liebe erzählen und wie schön es
doch wäre, ein gemeinsames Leben zu führen, immer füreinander da zu sein, zusammen
alt zu werden. Das könnte ich auch, so ist das eben, wenn man plötzlich sehr viel
für jemanden empfindet. Ich weiß aber, was solche Versprechungen heutzutage bedeuten und
was sie früher nie bedeutet haben.
Versuche nicht, mich vom Gegenteil zu überzeugen, selbst wenn Dir vielleicht noch viel mehr am
mir liegt. Dann brauche ich Dich ebenfalls nicht zu überzeugen. Wie würde das aussehen,
wenn ich in dieser relativ romantischen Situation ausgedruckte Blätter vom Bundesamt für
Statistik dabei hätte? Die angenehmsten Illusionen sollten wir uns bewahren. Die Wirklichkeit
ist viel zu rational. Liebe beflügelt bekanntlich. Träume können Berge im felsigen
Grund versinken lassen.
Ersparen wir uns all die Enttäuschungen und den Ärger. Stelle Dir vor, wir hätten
ein paar Jahre zusammen gelebt und nun geht nichts mehr. Weshalb sollen wir so viel Zeit
verschwenden? Wir müssen keine Beziehung erst mühselig kaputt gehen lassen um zu wissen,
daß man sich mit der selben Leidenschaft hassen kann. Wenn man sich gut kennt, sind Liebe und
Haß das selbe. Kosten wir dies ohne Umweg aus. Wir brauchen ja nicht zu übertreiben. Wir
sind besser dran. Laß uns in Ruhe alle nötigen Entscheidungen treffen, um getrennt zu
leben.
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21.01.2007
Clowns:
Seine Majestät achtet weder auf das vor Begeisterung trampelnde Publikum, noch
auf die vielen Kameras, die jede Hautpore bis in das entfernteste Dorf übertragen. Clown P.
weiß nur ungefähr, was ihm blüht. Mürrisch brummt es: "Strafe 3!" Am
nächsten Tag werden die Nachrichten vermelden, daß er überlebt hat. Bis auf einem
widerfuhr allen dieses Glück. Damit verbleiben uns 392 Clowns. Der Kanzlerkönig tut gut
daran, nicht zu viele zu verbrauchen, will er noch lange im Amt bleiben.
Die Nachrichten werden verraten, ob es in der Clown-Kantine Hacke-Clown mit frischen Erdbeeren oder
mit Lychees aus der Dose gibt. Die Portionen dürften diesmal nicht all zu groß ausfallen.
Es müssen keine zusätzlichen Eßgäste eingeladen werden. Der Unglückliche
war einer von denen, welche sich in den üblichen Debatten für eine verpflichtende
Vereinbarung stark machen, die Bestrafungen abzuschaffen. Doch wer erstmal Kanzlerkönig ist,
erinnert sich kaum daran, selber einmal Clown gewesen zu sein. Man debattiert nur, nichts
ändert sich.
Wenn seine Majestät nicht Hof hält, trifft man sich in den Sitzungen und führt
einander die neusten Späße vor. Die schlechtesten werden am lautesten beklatscht und
niemand kann sich darauf verlassen, daß die Darbietungen wirklich jene sind, mit denen beim
nächsten Mal angetreten wird. Jeder hat seine eigene Überlebensstrategie.
Wenn Majestät einen Lachanfall bekommt, muß das nichts bedeuten. Bestraft wird immer und
man bellt in die Mikrofonsträuße: "Ich bin der Kanzlerkönig! Ich muß nicht mehr
debattieren!" - Es ist egal, ob man wegen einer gut getroffenen Pointe, wegen deren Fehlen oder nur
deshalb beleidigt ist, weil der Vortrag zu wenig oder gar nichts mit der eigenen Person zu tun
hatte. Gründe für Strafe 3 gibt es viele.
Für die Unterhaltung des größten Teils der Bevölkerung ist auf lange Zeit
gesorgt. Neuerdings kann man sich die Fernseh-Übertragungen im Internet als
Kanzlerkönig-Podcast herunterladen. Für Intellektuelle, die so etwas nicht
verstehen, hat bisher jeder Kanzlerkönig theoretische Abhandlungen veröffentlichen
lassen, in denen die Koinzidenz von Willkür und Macht aus dem archaischen Naturrecht
hergeleitet wird.
Wenn nach derzeitigem Stand 712 Clowns tot sind, d.h. wenn nur noch einer übrig ist und der
beste gefunden wurde, muß seine Majestät leider abdanken und dem Nachfolger seine
gesellschaftlich herausgehobene Position überlassen. Es steht ihm frei, erneut als Clown
anzutreten. Alle anderen Bewerber müssen sich aufgrund des Andranges einem Auswahlverfahren
unterziehen. Immer mehr Menschen träumen davon, Kanzlerkönig zu sein und wollen Clown
werden.
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26.01.2007
Pessimist:
Mich kann nichts erschüttern. Ich bin auf das schlimmste gefaßt und
verhalte mich entsprechend. Ich reihe mich nie in eine Warteschlange ein, deren Anfang ich nicht
sehen kann. Mich kann das Schicksal nicht narren.
Es gibt keine bessere Einstellung. Ich bin Realist. Optimisten sind Träumer die sich
umbringen, wenn sie ihren Irrtum erkennen. Ich würde nie versuchen, mich selber umzubringen.
Was ist, wenn es schief geht?
Man unterstellt mir, ich hätte keine Freude am Leben und wäre immer schlecht gelaunt. So
etwas können nur Leuten von mir denken, die selber dauernd Enttäuschungen verarbeiten
müssen. Mir ging es nie besser als jetzt.
Als ich noch allen Widrigkeiten ahnungslos ausgeliefert war, fuhr ich viel mit dem Bus durch diese
überflüssige Stadt. Ich hatte Glück. Ich kam immer an. Irgendwann hat mich
beunruhigt, wie viele Kreuzungen und Seitenstraßen es gibt. Noch schlimmer fand ich den Blick
auf das Liniennetz. Ich sah, wie viele Linien es gibt, was für ein unübersichtliches
Gewirr sie bilden und daß Busse mit völlig verschiedenen Zielen häufig auf der
selben Straße fahren. Ich fragte einen Busfahrer, ob er schonmal eine andere Linie gefahren
wäre.
Seit dem Tag vertraue ich nur noch der Straßenbahn, soweit auf die Schienen Verlaß ist.
Die sind meistens recht gut befestigt. Ich bin alle Strecken zu Fuß abgelaufen und habe mir
die Weichen notiert. Mittlerweile weiß ich sie auf meinen Strecken auswendig. Vor jeder
Abzweigung steige ich aus und laufe bis zur nächsten Haltestelle. Von dort fahre ich mit der
nächsten Bahn weiter.
Ich habe immer ein zweites Paar Schnürsenkel und einen Notvorrat an Lebensmitteln dabei. Reis,
Nudeln, zwei Dosen Tomatenmark, ein kleines Glas Gurken, Instant-Kaffee und ein Camping-Kochbuch.
Paßt alles in meinen Aktenkoffer.
In meiner Freizeit lerne ich Chinesisch und Russisch. Vielleicht werde ich es nie brauchen. Wenn
vorher ein Vulkan ausbricht oder ein Kernkraftwerk hoch geht, ist mir das auch recht. Vielleicht
gibt es sogar einen globalen Atomkrieg. Will angeblich niemand. Der eine möchte erst noch ein
Häuschen im Grünen bauen und der andere hat nächste Woche die Schwiegereltern zu
Besuch. Aber wozu ist der ganze Dreck denn da? Hat genug Geld gekostet. Etwas größeres
als die eigene Auslöschung kann der menschliche Geist nicht hervorbringen. Hut ab! Feuer frei!
- Oder laßt irgendwelche Mikroben los...
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29.01.2007
High Society:
Die letzten Wochen machten Gerüchte von einer neuen, hochwirksamen Droge die
Runde. Nun berichten die Medien von einer großen Razzia in einer bekannten Discothek. Polizei
beendet riesige Drogenorgie usw. Es gibt zahlreiche Festnahmen. Offenbar unter starkem
Drogeneinfluß stehende Personen werden in Handschellen auf Bahren herausgetragen. Der interne
Polizeibericht enthält kleinere Unstimmigkeiten. Vor allem fand man bei der ganzen Aktion nur
unbedeutende Mengen von Haschisch und die Alkoholisierung der Festgenommenen hielt sich in
Grenzen.
Es folgen weitere Razzien an Veranstaltungsorten und an bekannten Umschlagplätzen. Wieder
viele Festnahmen und Berichte von vermeintlichen Erfolgen. Es werden immer weniger Drogen
aufgespürt, während die Zahl der Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz
stetig anzuwachsen scheint.
Der Fahndungsdruck wird erhöht. Die Drogenkartelle ziehen sich wegen schlechter Geschäfte
aus Europa zurück oder steigen in den legalen Vertrieb von Luftballons ein.
Drogenspürhunde bekommen Entzugserscheinungen.
Man findet die offenbar überall und jederzeit verfügbare Droge nicht, an der sich die
Festgenommenen sogar in der Untersuchungshaft berauschen. Die Situation verschlimmert sich noch.
Landauf landab sind die Knäste rund um die Uhr breit.
Die intoxizierten Personen weisen alle Symptome des Rausches und der Abhängigkeit auf, ohne
daß es mit bekannten analytischen Methoden möglich ist, eine Droge nachzuweisen.
Zunehmend interessiert sich die Wissenschaft für das Thema. Der Bundestag diskutiert,
inwieweit die Probleme im Strafvollzug durch bauliche Maßnahmen gelöst werden
könnten. Inzwischen hat sich der mysteriöse Drogenmißbrauch bis in die
Öffentlichkeit ausgeweitet. In Schulen und Kaufhäusern bricht der reguäre Betrieb
zusammen. Die meisten Zuschauer können den flachsten Sendungen im Fernsehen intellektuell
nicht mehr folgen. Es sind nicht nur Randgruppen oder jüngere Altersschichten betroffen. Wie
es heißt, ist diese Volksseuche in den meisten Altersheimen angekommen.
Längst weiß jedes Kind, jede Greisin und jeder Greis, wie es geht. Irgendwann wird es bis
zu den Forschern und den klugen Kommentatoren vordringen, daß hinter dem ganzen Spuk nichts
anderes als eine simpel zu erlernende Atemtechnik aus einem Manager-Kloster in der Schweiz steckt.
Eine Mischung aus Hyperventilation, Rebirthing, Urschrei-Therapie, Familienaufstellung und
vulgärer Meditation. Man muß nichts davon verstehen.
Der Verkauf alkoholischer Getränke läßt wie im freien Fall nach. Die Wirtschaft
gerät mit Ihren Börsenkursen in's Wanken. Großes Gezeter von Gewerkschaften und
Arbeitgeberverband wegen Arbeitsplätzen. Die Berliner Brauereien machen als erstes (endlich)
dicht. Große Steuerausfälle. Die Staatsfinanzen sind in Gefahr! Der seit jeher bestehende
Überwachungsstaat wird immer sichtbarer. Überall rennt man gegen Aufpasser.
Auffälliges Atmen ist verboten. - Ich freue mich, daß die besten Rotwein-Jahrgänge
immer erschwinglicher werden.
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30.01.2007
Der Endsieg des Kapitalismus:
Schritt 1:
Die Menschheit kapituliert bedingungslos. Jeglicher persönlicher Besitz wird an das Kapital
übergeben. Die Menschen verzichten auf die Befriedigung ihrer Bedürfnisse und
Erfüllung ihrer Träume.
Schritt 2:
Abschaffung des Menschen. Computer können die Börsenkurse alleine ausrechnen. Der absolut
freie Markt wird verkündet.
Schritt 3:
Die vollautomatische Produktion wird auf die Herstellung von Computer-Ersatzteilen
beschränkt. Gehandelt wird mit rein rechnerischen Produktionskapazitäten.
Schritt 4:
Die Börsen fusionieren. Alle Kapitalbewegungen finden auf einem einzigen Rechner statt.
Schritt 5:
Es gibt nur noch eine Aktie, deren Kurs sich nicht mehr ändert.
Schritt 6:
Der Computer speichert den Endstand ab und die Soundkarte babbelt: Eb ebb bu ba du da da guguu!
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© Designed and written by Zacke, January
2007.
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